Die Eskapistin

Ich leide unter post-adoleszenter Bettverlustangst

Kraaaaank!

Ein Kommentar

Ich twittere ja wieder. Seit einiger Zeit sogar, vor allem deshalb, weil ich genötigt wurde. Es war weniger eine eigene Entscheidung, zwei nette junge Herren schmierten mir aber Honig um mein manchmal eitles Maul und ich wurde weich wie ein noch warmer Vanillepudding. Vanillepudding… mmmh! Honig…. mmh! Man merkt, ich schreibe kurz vor der Abendbrotzeit. Seien wir gespannt, ob mir noch mehr kulinarische Phrasen aus den Fingern strömen.

Also: Ich twittere wieder. Was mir auch eigentlich immer Spaß machte. Immerhin bin ich eigentlich eine Frau der vielen (oft leeren) Worte, nun muss ich mich auf 140 Zeichen beschränken. Es gab auch einmal eine Beschränkung auf 160 Zeichen – aber SMS-Flatrates und Whatsapp haben dem ein Ende gesetzt. Wahre sprachliche Restriktion gibt es nur noch bei Twitter.

Und das ist auch gut so. Denn Twitter, Twitter ist das Krankenhaus unserer Welt. Nicht, dass ich irgendjemandem seine geistige Gesundheit absprechen möchte – aber liest man sich einmal quer durch seine Zeitleiste, werden doch alle Zivilisationskrankheiten spazieren geführt. Früher war eines meiner Lieblingsbücher im elterlichen Regal Gesundheit von A bis Z. Ich saß in dem zu kleinen Flur mit dem 1980er Jahre Teppich und blätterte mich angewidert-interessiert von Abszess zu Zyste, sah mir die Bilder an und wusste: Ich würde nie krank oder Arzt werden. Noch heute macht mir alleine der Begriff „Furunkel“ angst. Schon das „Fur“ reicht eigentlich und ich sprühe antiseptisches Wasser wie der Pfarrer sein Weihwasser, wenn er eine neue Kirche einweiht. Echt. Ich singe dabei aber nicht und niemand applaudiert mir.

Heute sitze ich im Schneidersitz auf den 2000er-Parkett, dem Trendbodenbelag der Jahrtausendwende, und scrolle mich von A wie „Mein Auge tränt, weil ich in der Zugluft sitze“ zu Z wie „Ich finde Zoolander nicht mehr witzig – habe ich Bournout?“ Nie ist einer gesund, immer sind alle krank. Oder drohen krank zu werden. Oder waren krank und spüren noch die Auswirkungen. Passen andere Dinge nicht in 140 Zeichen?

Dafür gibt es ja glücklicherweise Ausnahmen, die nicht krank sind. Oder nicht darüber schreiben. Denn „Krankheit“ das ist doch irgendwie das, was das Wetter für den Smalltalk ist. Krank kann man ja keinen Smalltalk führen, weil der Gegenüber dann aus Angst vor plötzlicher Infizierung das Weite suchen würde… Oh, gute Idee übrigens für den unliebsamen Smalltalk, wenn sich in der Bahn der neue Sitznachbar vorstellt. „Ich bin Erich und fahre nach Hamm. Und Sie?“ „Ich bin krank.“ Gefällt.

Nun, Krankheit, Smalltalk, Twitter. Jep. Wo war ich? Es gibt auch anderes. Genau. Es gibt die, die wirklich interessantes in 140 Zeichen drängeln können. Um noch einmal Essen einzubringen (mittlerweile ist es 18.27 Uhr und ich spiele mit dem Gedanken, mir eine Pizza zu bestellen…): Twitter ist der Topf für einen Liter. Und die Guten, die füllen ihn mit genau einem Liter Vanillepudding. Die schlechten ihn mit einer Mischung aus Eiter, Rotz und Tränen – bis das Ding überläuft (Ups, das mit der Pizza hat sich erledigt. Mir ist der Appetit vergangen).

Die ganz guten schaffen es natürlich auch, zwischendurch in homöopathischen Dosen über eine leichte Erkältung amüsant zu berichten. Fernab von „Mir ist schlecht“, „Mir geht es schlecht“ und dem zwischen den Zeilen stehenden „Habt Mitleid mit mir, mein Twitteraccount ist der einzige Freund“ schaffen sie es, dass man sich auch eine Erkältung wünscht, um ebenfalls die Entwicklung des Bakterienvolkes in den Nasennebenhöhlen dokumentieren zu können. Wie sie erst wachsen, um dann in einem Krieg mit dem Antibiotika ausgeräuchert zu werden. Nunja. Ich bin nie krank. So gut wie nie. Nur selten. Ab und zu.

Dabei kann ich es gar nicht verstehen, dass es Menschen gibt, die IMMER krank sind. Wie geht das? Ernähren die sich von dem, was bei McDonalds so vegan angeboten wird? Holen die sich ihr Trinkwasser aus Eimern direkt aus der dörflichen Kloake?

Auf die Erkältung folgt Magen-Darm (was nun wirklich kein Mensch wissen will!), darauf eine weitere Erkältung, weil ja wegen Magen-Darm keine Vitamine konsumiert werden konnten. Dann kommen Ohrenschmerzen, weil die Erkältung nicht auskuriert wurde. Dann kommen wieder Magenbeschwerden, zwischendurch ein Abszess am Bein, die obligatorischen Kopfschmerzen und ganz am Ende steht der Hinkefuß. Es ist grausam.

Ich für meinen Teil habe eine schriftliche Anfrage an meine Mutter geschickt, ob irgendwo noch Gesundheit von A bis Z im heimischen Haushalt zu finden ist. Auf einem Flohmarkt werde ich nach einem alten Teppich suchen, ihn mir in den Flur legen und dort meine Krankheitenecke machen. Ganz für mich alleine. Und wenn ich eine richtig fiese Krankheit gefunden habe, werde ich sie durch einen fiesen Trick bei mir selber diagnostizieren und die Twitterwelt damit schocken. Denn ich bin sicher: Meine Krankheit sticht ErkältungKopfschmerzMagenDarm garantiert aus (Wer kennt nicht das Spiel: Grippe, Magen, Furunkel?). Und dann ist endlich Ruhe im Pizzakarton.

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