Die Eskapistin

Ich leide unter post-adoleszenter Bettverlustangst

There is no „E“ in Süßkram??? (Basis 2: Wundern)

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Am Sonnabend war ich noch schnell einkaufen. Bevor ich mich zur Arbeit auf machte, wollte ich immerhin noch schnell meinen Kühlschrank befüllen. Man weiß ja: Antipasti werten jeden Kühlschrank auf und Käse mit Gewürzgurke und Senf ist eine ganze Mahlzeit. Ich bin also im Supermarkt (der mit dem Marktleiter des Grauens, der gerade am Gemüsestand eine Angestellte zur verkümmerten Möhre machte), als neben mir plötzlich eine Frau steht.

Nun, eher war es so, dass ich den Einkaufswagen vor mir herschiebend und ob der Welt sinnierend plötzlich neben ihr stand. Die Frau unterhielt sich mit einer Bekannten. „Eier kaufe ich ja nicht mehr“, sagte sie: „Das ist mir zu gefährlich mit dem Dioxin.“ Sie griff beherzt nach einer Tüte Süßigkeiten, in der so viele Geschmacksstoffe, Verstärker und Weichmacher mit unzähligen „E“s waren, dass ich alleine bei dem Gedanken Pusteln bekam. Große Pusteln.

Ich musste laut auflachen und war einen Moment kurz davor, sie über darüber aufzuklären, dass diese Süßigkeit mit den merkwürdigen Zutaten aus dem Labor und die in ihrem Wagen liegende Tiefkühlpizza dann ebenfalls aus dem Wagen raus müssten. Kein Dioxin-Alarm, Ekel-Alarm allerorten. Schlimme Dinge, die viele täglich in sich reinstopfen.

Gut, Dioxin ist eine furchtbare Sache, die keinesfalls unterschätzt werden soll. Aber all die Menschen, die sich nun aufregen, auf ihr leckeres Frühstücksei verzichten – am Sonntag gönnen sie sich und ihren Liebsten wieder ein Sonntagsmahl bei McDonalds, am Abend vorher haben sie eine Tiefkühlpizza gegessen.

Hat sich schon einmal jemand mit Fleischersatz und Analogkäse beschäftigt? Darüber nachgedacht, wie ekelig es ist, dass in Kochschinken WasserGelEkelzeug hineingespritzt wird, bis das Fleisch auf doppelter Größe ist? Hat man DEN Skandal schon vergessen, ist man bereit, nur einen Lebensmittelskandal in sein Gehirn zu lassen und alles andere beiseite zu schieben?

Nein, ich bin nicht zu den Gutmenschen übergegangen. Um Himmels Willen! Aber ich wundere mich. Das ist übrigens Basis 2 des Lebens, Fortsetzung des „Sich-Freuen“ können.

Die Menschen sehen im Fernsehen eine Reportage über „Great Pacific Garbage Patch“ und sagen: „Wow, das ist ja furchtbar.“ Am nächsten Tag kaufen sie all ihre Getränke in Plastikflaschen und werfen sie in den Mülleimer, wickeln Käse und Wurst in Unmengen von Frischhaltefolie ein. Nun, einfach mal so. Der Gutmensch kratzt gerade in meinen Eingeweiden.

Aber nicht nur in dem Bereich muss man sich wundern. Ein Kollege und ich waren heute Mittag kurz spazieren. Wir beide: Singles. Und wir sprachen über einen gemeinsamen Bekannten aus alten Tagen. Ewig ist es her. Nun: Der Typ ist ein Idiot. Aber Frauen stehen scheinbar auf ihn. Wir können es beide nicht verstehen. Wir wunderten uns.

Was sehen die Frauen in ihm? Ich würde ihn nicht mit der Kneifzange anfassen, alleine bei Gedanken an ihn, überkam mich ein starker, kaum nachlassender Würgreflex. Der Kollege – ich schrieb schon einmal über ihn – wirkte etwas verloren. Denn eindeutig ist der Kollege toller als der Bekannte. Man versteht es nicht. Erwähnte ich, dass wir uns wunderten?

Ohnehin: Ich könnte hier eine ganze Palette von wundersamen (wundersam! Was für ein schönes Wort!) Dinge berichten.

Warum ein Bekannter nie lacht, sich nie freut. Jobtechnisch ist er auf dem Weg nach oben – doch ein Lächeln habe ich seit Monaten nicht mehr auf seinem Gesicht gesehen.

Ich wundere mich darüber, dass der gute Freund nicht weiß, was sein Lieblingsessen ist. Als ich ihn fragte, was ich für ihn kochen solle – irgendwann einmal -, da hatte er keine Antwort. Was denn sein Lieblingsessen sei, wollte ich wissen. „Lieblingsessen?“, fragte er mich.

Nun, würde ich mich nicht wundern: Ich hätte nichts, über das ich bloggen könnte. Immerhin.

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